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„Nicht-Ort“ Selfstorage Gebäude?

29. November 2011
Carmen Keckeis
Wohnen & Leben
Dinge & Lagern

Geht man durch die Gänge eines Selfstorage-Gebäudes hat man mitunter ein komisches Gefühl, ein gewisses Unbehagen, wie wenn man als Kind ein Glas Marmelade aus dem Keller holen musste, das man sich selber aber nicht wirklich eingestehen möchte. Die leeren Gänge, die durch Türen in einheitlichen Farben begrenzt sind, laden nicht wirklich zum Verweilen ein. Man kommt lediglich hierher um ein-, aus- oder umzulagern.

Kommuniziert oder interagiert wird in diesen Gängen eigentlich nicht, wenn dann fallen nur kurze Grußworte. In den Aufzügen wird man von der unter Umständen peinlichen Stille durch Musikklänge aus Lautsprechern abgelenkt. Oder man wendet sich interessiert der Hinweistafel zu, die die Öffnungszeiten, das Rauchverbot, welche Materialien man nicht einlagern darf, etc. aufzeigt. Ab und zu fragt man sich beim Durchgehen, was Menschen hier wohl so alles einlagern. Die Türen sind wie stille Zeugen der Welt, die sich dahinter verbirgt und lassen gleichzeitig der Phantasie, was das sein könnte, indem man nicht sieht, was es ist, freien Lauf.

Das Gebäude erfüllt eigentlich nur eine Funktion – es bietet mietbaren Platz. Fast schon fühlt man sich Ortlos, diese Gänge könnten überall sein und gelegentlich, wenn man in Gedanken versunken ist, verliert man die Orientierung und muss sich dann an den Türnummern orientieren, um herauszufinden, wo man sich befindet. Oder man schaut aus einem Fenster um dann festzustellen, dass man von hier aus gar nicht auf den gegenüberliegenden Park, sondern in den Hof sieht. In den Gängen, zwischen den Türreihen, ist man wie jeder Andere, der hierher kommt. Man ist in gewisser Weise anonym, ein einsames Individuum, dessen Bewegungen jedoch auf Schritt und Tritt von Überwachungskameras eingefangen werden. Die Anonymität wird nur bei Betreten des Geländes aufgehoben, hier muss man seine Identität vorweisen, indem man seinen persönlichen Code in das Gerät am Eingangstor eingibt.

Die beschriebenen Charaktereigenschaften eines Selfstorage-Gebäudes entsprechen dem eines Nicht-Ortes im Sinne Marc Augés. Ein Nicht-Ort ist laut Augé „ein Raum, der keine Identität besitzt und sich weder als relational noch als historisch bezeichnen lässt“.1 Charakteristische Kennzeichen eines Nicht-Ortes sind dessen Erbauung aus nur einem Zweck, also dessen Monofunktionalität, dass ein Nicht-Ort keine Identität und Relation, sondern Einsamkeit und Ähnlichkeit schafft, die Vermittlung zwischen den Individuen und der Umgebung durch Texte und Hinweise erfolgt (Hinweisschilder, Verbote,...), er stets nur mit Individuen zu tun hat, jedoch „identifiziert, sozialisiert und lokalisiert [er] diese Individuen lediglich am Eingang oder am Ausgang“2, etc.

Ist die Dienstleistung Selfstorage und die Gebäude, die dafür errichtet werden, neben Flughäfen, Supermärkten, U-Bahnen und Hotelketten; als ein weiteres Produkt der „Übermoderne“ und somit als Nicht-Ort zu sehen? Sind diese Gebäude Ergebnis der Überfülle von Ereignissen, Räumen und des Übermaßes der Individualisierung der Referenzen, die laut Augé diese „Übermoderne“ kennzeichnen?

1 Augé Marc (2011): Nicht-Orte. 2. Auflage. C.H.Beck Verlag. München. S.83

2 Ebenda. S.110

Carmen Keckeis

Carmen Keckeis studiert Soziologie an der Universität Wien. In ihrer Diplomarbeit beschäftigt sie sich mit dem urbanen Phänomen Selfstorage und mit der Frage, warum diese Dienstleistung in Wien auf eine so große Nachfrage trifft. Als Ursachen für den gestiegenen Bedarf nach zusätzlichem Stau- und Lagerraum identifiziert sie unter anderem gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, die veränderte Platzbedürfnisse nach sich ziehen. Aus der Beschäftigung mit der Thematik Selfstorage ergaben sich für sie weitere interessante Fragestellungen, die sie beabsichtigt vertiefend zu erforschen.

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