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Link-Tipp: Volle Städte – laute Städte?

03. März 2016
Franziska Hampel
Wohnen & Leben
Stadt & Architektur

Zuzug und Stadtverdichtung stellen das urbane Zusammenleben vor neue Herausforderungen. Meistens dreht sich dabei alles um den Platz und die Mieten. Doch wenn die Städte immer voller werden, werden sie dann auch zwangsläufig lauter? Eigentlich eine logische Konsequenz. Jedoch sind mehr Menschen auf einem Fleck auch bunter. Den grenzenlos vielseitigen Klängen der Städte widmete sich das Wissenschaftsjahr 2015 mit einer digitalen Klangkarte von Deutschland.

Eigentlich sollte man sich über Beliebtheit freuen. Die Städte tun sich nur manchmal etwas schwer damit, denn die Folgen der Landflucht und der zunehmenden Urbanisierung sind prekär. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte – Platz wird so zur Mangelware. Stadtverdichtung ist eine städtebauliche Maßnahme, die Abhilfe leisten soll. Ziel ist es, möglichst viele Menschen auf einen Fleck zu bekommen. Verdichten. Die Dichte erhöhen. Dichter zusammenzurücken. Platz wird somit wertvoller – menschlich und wirtschaftlich. Jeder Quadratmeter wird als Folge der Stadtverdichtung ökonomisch genutzt – „monetarisiert“. Doch nicht nur finanziell ändert sich das Leben der Menschen durch den Zuzug. Aus Verdichtung resultiert auch Nähe. Nähe, die man vielleicht gar nicht möchte. Dieser „Menschennähe“ ist man hilflos ausgeliefert: "Oh Pardon" – verdammt, schon wieder wurde man mit einer Aktentasche in die Kniekehle gestoßen. In einer Stadt, in der es immer enger, dichter wird, kommt man seinen Mitmenschen nicht mehr aus.

Nicht nur die körperliche Nähe spielt dabei eine Rolle. Es gibt ein menschliches Sinnesorgan, das besonders häufig zu Auseinandersetzungen im städtischen Zusammenleben führt. Die Signalwahrnehmungen des menschlichen Hörorgans sind erstaunlich unterschiedlich. Lärm, das urbane Reizthema schlechthin. Ding Dong. „Entschuldigung, ich wohne unter ihnen, sie gehen immer so laut“. „Machen sie doch mal die Musik leiser“. Mehr Menschen produzieren mehr Geräusche und sind lauter. Stimmen, Schritte, Hupen, Sirenen und Klingeln und das nie aufhörende Getöse der Autos – das alles prägt unser Hörerlebnis in der Stadt.

Einen Ausweg aus dem Lärm bieten neueste Kopfhörer, die uns komplett von der Außenwelt abschirmen. Babygeschrei, Streite, Gerede, das alles ist einfach weg. Dafür hört man einfach nur seine Lieblingsmusik, die man – zumindest in diesem Moment – mit niemandem teilen muss. Wer diesen Fluchtweg wählt, verpasst aber auch so einiges: Augenblicke, in denen man feststellt, dass nicht alle anderen Menschen lästig sind. Witzige Telefonate Fremder, die einen schmunzeln lassen. Der herrliche Klang der Stadt, wenn man im Sommer gemütlich sein Eis schleckt. Und ist es nicht genau das hektische Treiben, der Tumult, für den man die Stadt doch liebt und die einsame, ruhige Prärie hinter sich lässt?

Wie schön bunt es in den deutschen Städten klingt, zeigt das Projekt „Stadtklang“. Im Rahmen der Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Thema „Zukunftsstadt“ haben Bürger deutschlandweit Klänge aufgenommen und online gestellt. Entstanden ist daraus eine interaktive Klangkarte, die zum Nachhören einlädt: www.stadtklang2015.de

Franziska Hampel

Franziska Hampel absolvierte ihren Bachelor in Musikwissenschaft an der Universität Wien. Seit 2015 ist sie Studentin des Masterstudiengangs Musikjournalismus für Hörfunk an der Hochschule für Musik und Theater in München.

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