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Bienen schützen: das "Projekt 2028" von Hektar Nektar

15. September 2022
Platzprofessor Redaktionsteam
Stadt & Architektur
Ein Imker kümmert sich um die Bienen auf dem MyPlace-Dach.

Ein besonderes Herzensprojekt von MyPlace startete im Juni 2021 auf dem Dach des Headoffices in Wien Döbling. Im Rahmen der Bienenschutzinitiative „Projekt 2028“ von Hektar Nektar siedelte der Imker Dantcho Nikolov fünf Bienenvölker mit insgesamt 250.000 Bienen an, die fortan die Biodiversität stärken und parallel hochwertigen Honig produzieren. Dantcho und Miriam Walch, Geschäftsführerin bei Hektar Nektar, standen uns Rede und Antwort.

Die Imker:innen tragen heute maßgeblich dazu bei, dass die Bienen in Europa erhalten bleiben. Oft wird aber auch davon gesprochen, dass die Honigbienen, wie sie es bei MyPlace auf dem Dach gibt, den Wildbienen den Lebensraum streitig machen. Was tut Hektar Nektar, damit das nicht passiert?

Miriam: Es kommt immer wieder einmal vor, dass der Schutz der Honigbiene (fälschlicherweise) als nicht oder weniger wichtig und in Konkurrenz zum Schutz der Wildbiene angesehen wird. Die Honigbiene als gezüchtetes “Nutztier”, das vom Menschen gepflegt und vermehrt wird, ist zwar nicht vom Aussterben bedroht, jedoch auf die Arbeit von Imker*innen angewiesen, um zu überleben. Wildbienen kommen ohne imkerliche Hilfe aus. Beide Arten spielen für Natur und Mensch als wichtige Bestäuberinnen eine zentrale Rolle. Das Zusammenspiel aller Bienenarten führt zur Gesamtbestäubung von 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen. So stellt sich die Frage nicht, wer „schützenswerter“ ist, wenn es um die Bestäubungsleistung geht. Gerade im urbanen Raum kommt es auch zu keiner Futterkonkurrenz zwischen den unterschiedlichen Arten. Darüber hinaus muss man sagen, dass in etlichen Gegenden, in denen Wildbienen bedroht oder bereits extrem dezimiert sind, Honigbienen die Bestäubung ihrer wilden Kolleginnen kompensieren müssen.

Mit PROJEKT 2028 hat Hektar Nektar die größte digitale Bienenschutzinitiative ins Leben gerufen. Das erklärte Ziel ist nicht nur die messbare Steigerung der Bienenpopulation. Sondern auch die Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft für die Bedeutung von Insekten für unser Ökosystem. Die Honigbiene steht dabei stellvertretend für ihre Artgenossen im Mittelpunkt. In ihrem Fahrwasser – oder besser in ihrem Windschatten – erhalten folglich auch die Wildbienen mehr Beachtung. Generell gilt: Werden für Honigbienen gute Lebensbedingungen (Sicherstellung der Blütenvielfalt, Verzicht auf Pestizide, Bekämpfung des Klimawandels etc.) geschaffen, profitieren auch Wildbienen und andere Insektenarten davon. Das größte Problem für Wildbienen, von denen ein Großteil im Boden nistet, ist auf jeden Fall der unaufhörliche Flächenfraß in Österreich. Wir sind Europameister in der Bodenversiegelung und zerstören damit wichtige Habitate für Wildbiene und Co. Hier muss es zu einem politischen Umdenken kommen und zu einer einheitlichen bundesweiten Flächenwidmung, um dieser Naturzerstörung ein Ende zu setzen.

  • Ein Imker öffnet einen Bienenstock.
  • Ein Imker arbeitet an einem Bienenstock auf dem MyPlace-Dach.
  • Bienen am Eingang ihres Bienenstocks.

Warum sind Imker:innen so wichtig für das Überleben der Biene?

Dantcho: Beginnen wir bei der Frage, warum die Biene so wichtig ist für die Natur und für den Menschen. Einstein sagte mal: „Wenn die Bienen aussterben, sterben vier Jahre später auch die Menschen“. Durch ihre Bestäubungsleistung ist die Biene – Wild- und Honigbiene – unentbehrlich für unser gesamtes Ökosystem. Das ist unumstritten. Und mit der beste Bienenschutz ist meiner Meinung nach die Unterstützung von Imker*innen, denn sie sind maßgeblich dafür verantwortlich, die Bienen zu vermehren.

Durch die Globalisierung sind die Bienen heute mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert: So wurde vor einigen Jahren zum Beispiel die Varroamilbe aus Asien eingeschleppt. Die asiatischen Bienen erkennen den Parasiten und entfernen ihn einfach. Die europäischen Bienen hingegen erkennen die Milbe nicht als Fremdkörper und bekämpfen ihn daher nicht. Seit wenigen Jahren breitet sich auch der afrikanische Beutenkäfer in den europäischen Bienenstöcken aus. Die Imker*innen kümmern sich darum und entfernen die Parasiten.

Miriam: Genau, würde man Honigbienen sich selbst überlassen, käme es zur natürlichen Selektion. Nur die Bienen, die sich rasch genug an die veränderte Situation anpassen können, überleben. Imker*innen sorgen mit dem nötigen Fachwissen und gezielten Handgriffen, die an den natürlichen Rhythmus und Zyklus der Bienen angepasst sind, für deren Fortbestand und Vermehrung. Doch nur ein Prozent aller Imker*innen sind Erwerbsimker*innen. Zwar ist die Imkerei in den letzten Jahren unter jungen Menschen immer populärer geworden. Die meisten halten jedoch deutlich weniger Bienenvölker als die Vorgängergenerationen. Daraus ergibt sich: Die Population der Honigbiene würde drastisch zurückgehen, wenn Jungimker*innen ihre Tätigkeit bald wieder aufgeben – mit dramatischen Folgen für die Lebensmittelversorgung und das Ökosystem. 

PROJEKT 2028 unterstützt Hobbyimker*innen, um einerseits das teure Hobby Imkerei leistbarer zu machen. Andererseits sind Imker*innen in ihrer Tätigkeit naturverbunden und vermitteln ihrem Umfeld die Bedeutung des Artenschutzes. Damit sind sie nicht nur Multiplikator*innen der Bienen, sondern auch wichtige Botschafter*innen.

Dantcho: Hinzu kommt noch, dass wenige große Imker*innen, die hunderte oder sogar tausende Bienenvölker besitzen, nicht ausreichen, um die notwendigen Bestäubungsleistungen zu erfüllen. Die von Hektar Nektar unterstützten Hobbyimker*innen, die nur eine Handvoll Bienenvölker betreuen, verteilen sich über den ganzen deutschsprachigen Raum. Je besser die Honigbienen verteilt sind, umso flächendeckender können sie natürlich bestäuben und stellen keine Konkurrenz zu den Wildbienen dar.

Immer mehr Unternehmen beteiligen sich am "Projekt 2028" und beherbergen Bienenvölker. Miriam, bist du zufrieden mit der Aufmerksamkeit, die der Biene zuteil wird? Was muss sich noch dringend tun, damit die Biene in Europa eine Zukunft hat?

Miriam: Über 200 Unternehmen von klein bis groß aus den unterschiedlichsten Branchen sind mittlerweile an Bord von PROJEKT 2028. Sie eint das Bewusstsein für die soziale Verantwortung und den Bildungsauftrag als wirtschaftlich agierende Unternehmen. Ein Engagement im Rahmen von PROJEKT 2028 trägt nicht nur dazu bei, die Honigbiene zu schützen. Durch umfassende Kommunikationsmaßnahmen leisten die Partner*innen einen maßgeblichen Beitrag zur Sensibilisierung und verstärkten Aufmerksamkeit für die Themen Biodiversität, Arten- und Umweltschutz. 

“Jede Biene zählt!” - mit diesem Grundsatz freuen wir uns über alle Unternehmen, die bereits aktiv sind. Je mehr Aufmerksamkeit der Biene zuteilwird, desto besser, um nachhaltig und langfristig eine Veränderung zu bewirken. Entscheidend für die Zukunft der Biene sind, wie bereits erwähnt, die geeigneten Rahmenbedingungen für ihr Überleben. Das schließt politische und (land-)wirtschaftliche Vorkehrungen, aber auch Einzelinitiativen von Privatpersonen mit ein. PROJEKT 2028 verfolgt einen holistischen Ansatz und vereint alle Stakeholder, die es zum Bienen- und Insektenschutz benötigt.

Welche Voraussetzungen sollte ein Unternehmen erfüllen, um beim Projekt 2028 mitmachen zu können?

Miriam: Jedes Unternehmen kann bei PROJEKT 2028 mitmachen und aktiv zum Insektenschutz beitragen - wir finden für alle eine Möglichkeit, dabei zu sein. Ob die Firmenbienen direkt am Standort summen oder bei ausgewählten Imker*innen im Home Office, jede Biene zählt.

Dantcho, noch eine Frage zum Abschluss: Wie geht es den MyPlace-Bienen auf dem Dach der Filiale in Döbling? Entwickeln sie sich gut und finden sie ausreichend Nahrung?

Dantcho: In der Regel kann man erst nach rund zwei Jahren einschätzen, ob der Standort für die Bienenvölker gut passt. Im vergangenen Jahr haben wir auf dem MyPlace-Dach fünf Jungvölker aufgestellt. Heute leben dort rund 250.000 Bienen. Aufgrund einer Baustelle mussten wir die Bienenstöcke im Frühjahr dieses Jahres leider umziehen. Diese Störung führte natürlich dazu, dass sich die Völker in diesem Frühjahr/Sommer nicht uneingeschränkt entwickeln konnten. Sie finden aber ausreichend Nahrung im nahegelegenen Park. Dennoch wird der Honigertrag wegen des Umzugs dieses Jahr eher gering ausfallen. Aber ich gebe gerne im kommenden Jahr nochmal eine Einschätzung ab.

Interviewpartner:

Dantcho Nikolov ist ausgebildeter Imkerfacharbeiter und widmet sich seit 2010 der Imkerei. Vor vier Jahren machte er sein Hobby zum Beruf und wurde Erwerbsimker. Heute betreut er fast 170 Bienenvölker und ist einer der größten Honigbienenzüchter in Niederösterreich. Im Auftrag von Hektar Nektar kümmert er sich auch um die Bienen auf dem Dach der MyPlace-Filiale in Wien Döbling.

Miriam Walch ist Geschäftsführerin bei Hektar Nektar. Dabei beschäftigt sie sich tagtäglich mit dem Bienenschutz und unterstützt Imker*innen bei ihrer Arbeit.

Platzprofessor Redaktionsteam

Das Redaktionsteam hinter dem Platzprofessor recherchiert laufend aktuelle Trends und Themen rund um das Thema Platz. Die RedakteurInnen sind immer auf der Suche nach spannenden Projekten und Beiträgen, die als Link-Tipp auf dem Platzprofessor veröffentlicht werden, initiieren Gastbeiträge und verfassen Artikel zu ausgewählten Themen.

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